Chlorella vulgaris

Chlorella

Pediastrum

Pediastrum

coelastrum

Coelastrum

Micractinium

Micractinium

Allgemeines zu Algen

Das lateinische Wort alga bedeutet zunächst verschiedene makroskopische Pflanzen der Meere wie Tange und Seegräser. Später wurde der Begriff auf mikroskopische, im Wasser lebende, photosyntetische Organismen ausgedehnt, gleichzeitig aber Höhere Pflanzen ausgeschlossen [1].
Der Begriff Alge kennzeichnet heute keine systematische Einheit, sondern eine Lebensform. Es sind Organismen, die eine permanente, oxigene (d.h. Sauerstoff-erzeugende) Photosynthese betreiben und keinen Embryo (s.o.) bilden [1]. Dass Algen keine einheitliche verwandtschaftliche Gruppe bilden, wird allein schon dadurch deutlich, dass zu ihnen Organismen mit und ohne einen echten Zellkern gehören, also Pro- und Eukaryoten. Die prokaryotischen Algen werden als Cyanobakterien oder Blaualgen bezeichnet, zu den eukaryotischen Algen gehören alle übrigen Algen, also die große Gruppe der Rotalgen, Grünalgen, Braunalgen, Kieselalgen, Euglenophyceen, Dinoflagellaten, Chrysophyceen, Haptophyceen, Cryptophyceen und andere [1].

Bedeutung der Algen

Die Bedeutung der Algen ist erheblich größer als allgemein angenommen wird. Nahezu 50% des photosynthetisch gebildeten Sauerstoffes stammen aus Algen und entsprechend wandeln Algen heute in gleichem Umfang Kohlendioxid in organische Verbindungen um wie Landpflanzen. Die grüne Lunge ist nicht in erster Linie der tropische Regenwald, sondern es sind die Ozeane. Dort sind Algen die wichtigsten Primärproduzenten für energiereiche, organische Substanzen und stehen am Anfang der Nahrungsketten. Blaualgen (Cyanobakterien) waren es schließlich auch, die die Sauerstoffatmosphäre der Erde vor etwa zwei Milliarden Jahre gebildet haben und damit erst die Vorraussetzung für die Evolution atmender Organismen schufen [2].

Entstehung

Algen eroberten vor weniger als einer Milliarde Jahren das Land und aus ihnen entstanden die Landpflanzen [2]. Die Verknüpfung der prokaryotischen Cyanobakterien mit den eukaryotischen Algen wird heute zwanglos über die Endosymbiontentheorie erklärt, die zu den am besten begründeten biologischen Theorien gehört. Nach der Endosymbiontentheorie sind die Plastiden aus Cyanobakterien entstanden, die im Zuge einer Nahrungsaufnahme (Phagozyttose) von einem farblosen Protisten vor über einer Milliarde Jahren aufgenommen, jedoch nicht verdaut, sondern über die Zwischenstufe einer interzellulären Symbiose (Endocytobiose) zu einem nur semiautonomen Zellorganell mit Restgenom reduziert wurden. Der bakrerielle Ursprung der Plastiden wird durch zahlreiche gemeinsame strukturelle, molekulare und biochemische Merkmale belegt, die anders nicht erklärt werden können [1].

Morphologie

Algen sind kernhaltige, photoautotrophe ein- oder vielzellige Thallophyten mit in der Regel einzelligen Geschlechtsorganen und Sporenbehältern. Die Fortpflanzungszellen sind meist begeißelt. Der Geißelaufbau ist gleich dem anderer Eukaryoten. Meist werden zwei Geißeln ausgebildet, die nach vorne (Zuggeißeln), seltener die nach hinten (Schubgeißeln) gerichtet sind. Sie können gleich (isokont) oder ungleich lang (heterokont) sein, dabei glatt und peitschenartig auslaufen (Peitschengeißeln), oder mit Flimmerhaaren (Flimmergeißeln) besetzt sein. Die meisten Algenzellen sind von einer festen Zellwand umgeben, bestehend aus einer gelartigen, leicht verschleimenden Grundsubstanz (meist Pectin), die in ein kristallines, meist fibrilläres Grundgerüst eingelagert ist. Strukturbildende Makromoleküle des Grundgerüstes sind überwiegend Cellulose, seltener Xylane oder Mannane. Als weitere Wandsubstanzen können Hemizellulose, Alginsäure (Braunalgen), oder Agar (Rotalgen) eingesetzt sein [2]. Die Chloroplasten enthalten die Photosynthesepigmente zusammen mit akzessorischen Farbstoffen. Die Plastiden aller eukaryotischen Algen führen Chlorophyll a und meist eine weitere Chlorophyllkomponente [3]. Das wichtigste Reservepolysaccarid ist Stärke, die in Form von Körnchen an den Pyrenoiden frei innerhalb der Chloroplasten gebildet wird. Vielfach werden auch erhebliche Mengen von Fetten in die Zellen eingelagert [3].
Für die systematische Gliederung der Algen werden neben der Farbstoffzusammensetzung der Plastiden und der Reservestoffe auch morphologische, cytologische und entwicklungsgeschichtliche Merkmale benutzt sowie die chemische Zusammensetzung der Zellwände. Das derzeitige System der Algen ist noch ein provisorisches System, das in den nächsten Jahrzehnten noch viele Änderungen erfahren wird. Innerhalb der Klassen erfolgt die Gliederung vielfach nach morphologischen Merkmalen. Dieses Einteilungsprinzip ist vor allem auf A. Pascher (ehem. Prof. in Prag) zurückzuführen. Er stellte unter anderem fest, dass innerhalb einzelner Klassen gleiche morphologische Formen auftreten. Darauf begründete er seine Theorie der Parallelentwicklung einzelner, monophyletischer Algenklassen. Danach leiten diese sich von flagellatenähnlich, monadalen Ausgangsformen ab und erfuhren über mehrere Organisationsstufen eine morphologisch-anatomische Höherentwicklung. Diesen Organisationsstufen kommt vielfach der taxonomische Wert eines Ordnungsmerkmales zu [2]

Organisationsstufen:

  1. Monadoide Organisationsstufe: die Zellen dieser Algen besitzen auch während der vegetativen Phase eine oder mehrere Geißeln; die Zellen sind von einer Pellicula oder festen Zellwand umhüllt.
  2. Rhizopodiale oder amöboide Organisationsstufe; einzellige Algen ohne feste Zellwand und Geißeln; bewegt sich amöboid, bilden u.a. Pseudopodien zur Nahrungsaufnahme.
  3. Kapsale oder palmelloide Organisationsstufe: einzellige Algen ohne feste Zellwand und Geißeln; stets von einem Gallertmantel eingehüllt; Tendenz zur Koloniebildung.
  4. Kokkale Organisationsstufe: unbewegliche, ungegeißelte einzellige Algen mit fester Zellwand. Tendenz zur Koloniebildung
  5. Trichale Organisationsstufe: einkernige Zellen zu einfachen oder verzweigten Fäden vereinigt.
  6. Siphonale oder coenoblastische Organisationsstufe: vielkernige blasen oder schaumförmige Algen. Mitunter wird noch eine weitere Organisationsstufe aufgeführt, die aber sehr selten vorkommt, die
  7. Siphonocladale Organisationsstufe: sie leitet sich von der siphonalen Organisationsstufe ab, und zwar durch zelluläre Gliederung eines polyenergiden, schlauchförmigen Thallus. Die Zellen dieser Organisationsstufen sind ebenfalls vielkernig.

Fortpflanzung

Die meisten Algen können sich sowohl vegetative (asexuell) wie sexuell Fortpflanzen. Grundlage der vegetativen Fortpflanzung ist die Mitose. Das hat zur Folge, dass stets erbgleiche Nachkommen entstehen. Die einfachste Form ist die Zweiteilung (Schizotomie). Nach der Mitose erfolgt eine weitgehend äquale Teilung des Protoplasten, so das aus einer Mutterzelle zwei nahezu gleich große Tochterzellen entstehen. Vielfach bleibt dabei von der Mutterzelle kein Rest übrig, man spricht dann auch von der “potentiellen Unsterblichkeit“ dieser Einzeller. Einen größeren Propagationswert hat die Schitzogonie. Hierbei laufen in der Zelle mehrere mitotische Teilungen ab und es werden mehrere Tochterzellen (Sporen) gebildet, die nach aufreißen der Sporangienwände frei werden und heranwachsen.
Die sexuelle Fortpflanzung teilt sich in die beiden Teilschritte der Gametenverschmelzug und der Meiose. Je nach Ausbildung der miteinander fusionierenden Gameten unterscheidet man zwischen:

  1. Isogamie, hierbei sind die Gameten morphologisch gleich gestaltet (können aber trotzdem getrenntgeschlechtlich sein)
  2. Anisogamie, die beiden Gameten sind unterschiedlich groß,
  3. Oogamie, die weibliche Geschlechtszelle ist unbeweglich (Eizelle).

Bei Einzellern (z.B. Chlamydomonas) können die einzelligen Individuen zu Gameten umgestimmt werden und miteinander verschmelzen (Hologamie). Viele Einzeller und alle Mehrzeller bilden in einer Zelle (Gametangium) mehrere Gameten aus, so das pro Individuum mehrere und kleine Geschlechtzellen gebildet werden (Merogamie). Die Syngamie kann folglich als isogame, anisogame oder oogame Hologamie, bzw. Merogamie erfolgen. Für das Auffinden der konträrgeschlechtlichen Gameten haben bei vielen Algen Gametenlockstoffe große Bedeutung. Das Verschmelzungsprodukt zweier Geschlechtzellen ist die Zygote. Sie hat bei Süßwasseralgen häufig die Funktion einen Überdauerungskörpers. Entsprechend dick und wiederstandsfähig wird die Zygotenwand ausgebildet. Nach der Syngamie der von Gametophyten abgegebenen Geschlechtszellen (Gameten) wächst die Zygote zum Sporophyten aus, auf dem in Sporangien Sporen gebildet werden die sich zu Gametophyten weiterentwickeln. Die beiden Generationen können gleichgestaltet oder völlig unterschiedlich gebaut sein. Häufig sind die morphologischen Unterschiede so groß, dass Sporophyten und Gametophyten als verschiedene Art beschrieben wurde [2].

Verbreitung und Vorkommen

Knapp 71% der Erdoberfläche sind von Meeren bedeckt; von dem verbleibenden Festlandteil entfallen ca. 3% auf freie Wasserflächen, Schnee oder Eisfelder. Eine Vergleich der Verteilung der Arten zeigt, dass im Meerwasser vor allem die Braun- und Rotalgen, sowie die Dino- und Chrysophyceae vorherschen, während im Süßwasser und auf dem Festland die Grünalgen und Xantophyceae verbreitet sind [2].Vorkommen und relative Verteilung der wichtigsten Algenklassen

  Ungefähre Artenzahl Vorkommen im Süßwasser / Festland Vorkommen +im Meerwasser
Chlorophytaceae 7000 + + + + +
Bacillariophyceae 6000 +++ +++
Rhodophyceae 4000 + ++++
Phaeophyceae 1500 + ++++
Chrysophyceae 1000 ++ ++++
Dinophyceae 1000 + ++++
Euglenophyceae 1000 ++++ +
Xanthophyceae 500 ++++ +
Cryptophyceae 120 + +

Algen können nahezu überall auf der Erdoberfläche vorkommen, sowohl in perennierenden wie auch auf nur zeitweise feuchten Standorten, in trockenen Gebieten, in heißen Quellen wie auf Eis und Schnee. Nach ihren Lebensansprüchen und ökologischen Standortbedingungen kann man die in folgende Formkreise gliedern [2].:

  1. Plankton: ein Sammelbegriff für alle im Wasser passiv treibenden Organismen, dazu gehört auch das Phytoplankton, aus einzelligen oder koloniebildenden Algen
  2. Neustron: darunter versteht man Algen, die unter Ausnutzung Oberflächenspannung des Wassers in oder auf der Wasseroberfläche leben
  3. Benthos: hierzu gehören alle am Grund oder an untergetauchten Gegenständen sitzende Algen
  4. Algen der Fließgewässer, sind eine Lebensgemeinschaft benthischer und planktischer Algen, die in Fließgewässern eine charakteristische Biozönose bilden
  5. Aerophyten: außerhalb des Wassers lebende Luftalgen, die Wasser aus der Atmosphäre aufnehem
  6. Thermale Algen: unter anderem in heißen Mineralquellen lebende Algen die Temperaturen bis über 50°C überstehen können
  7. Kryophyten: Algen die auf Schnee und Eis leben können
  8. Epibionten: Algen die auf anderen Pflanzen (epiphytisch) oder auf Tieren (epizooisch) festgewachsen leben.
  9. Symbiontische Algen: innerhalb anderer Organismen lebende Algen

Wirtschaftliche Bedeutung

Trotz der enormen Bedeutung der Algen für die Biosphäre und der Tatsache, dass fast jeder Mensch fast täglich mit Produkten aus Algen (von Zahnpasta bis Schuhcreme) in Berührung kommt, verbinden die meisten Menschen mit dem Begriff Algen wenig. Das wirtschaftliche Potential der Algen ist enorm. Während in Mitteleuropa jeder Quadratmeter Boden nach Wirkstoffproduzierenden Bakterien und Pilzen untersucht wurde, ist das biotechnische Potential der über 40000 bekannten und der vermutlich 10 mal mehr unbekannten Algenarten noch weitgehend unausgeschöpft. Als Nahrungsmittel spielen Meeresalgen seit vorgeschichtlicher Zeit in Ostasien eine große Rolle. Für die Industrie werden aus Rot- und Braunalgen Phykokolloide extrahiert, von denen Agar, Alginat und Carageenan die wichtigsten sind. Diese gelartigen Kohlenhydrate (60000 t/Jahr) finden als Stabilisatoren, Emulgatoren und Verdickungsmittel breite Anwendung in der Nahrungsmittel-, Textil- und Farbenindustrie sowie in der kosmetik- und pharmazeutischen Industrie. In den vergangenen Jahrzehnten wurden Versuche unternommen, um Microalgen (u.a. Chlorella, Scenedesmus und die Blaualge Arthrospira) zur Gewinnung insbesondere essentieller Aminosäuren zu verwenden. Bei Kulturen in den Tropen und Subtropen erreichte man bei Scenedesmus quadricaula einen Tagesertrag von 45g Algentrockenmasse pro m²; das entspricht bei einer Kulturdauer von 100 Tagen 45 – 60 t Algentrockenmasse pro Hektar mit 22 – 30 t Proteinen. Zum Vergleich: Weizen erbringt 3,5 t Trockenmasse pro Hektar mit 0,4 t Proteinen.
Pilotversuche zur Nutzung von Algen als regenerativer Energieträger wurden erfolgreich durchgeführt. Gegenwärtig wird die photosynthetische Wasserstoffproduktion von Blau- und Grünalgen besonders aufmerksam Untersucht, da Wasserstoff als ein Kraftstoff der Zukunft angesehen wird. Grün und Blaualgen sind mit Hilfe des Enzyms Hydrogenase in der Lage aus Protonen (Wasserstoffionen) molekularen Wasserstoff zu erzeugen [2].

Literaturverzeichnis

  1. Linne von Berg, K.-H. / Melkonian, M. (2004); Der Kosmos-Algenführer – Die wichtigsten Süßwasseralgen im Mikroskop; Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co. KG, Stuttgart
  2. Lexikon der Biologie (1999); Spektrum, Akad. Verl. Heidelberg.
    Abk.: Lex. Biol. 1999
  3. Strasburger - Lehrbuch der Botanik für Hochschulen, (1998); P.Sitte, H.Ziegler, F.Ehrendorfa. Bresinsky; Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart, Jena, Lübeck, Ulm
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